Reue: Das Tor zum Erwachen des Glaubens

Contrition: Gateway to the Awakening of Faith (German translation)

Unzählig sind die fühlenden Wesen: Ihnen allen habe ich Schaden zugefügt;

Unzählbar sind die heiligen Grundsätze: Sie alle habe ich gebrochen;

Unergründlich sind die Dharma-Lehren: Gegen alle habe ich verstoßen;

Unermesslich sind die verblendeten Leidenschaften: Ihnen allen habe ich nachgegeben;

Vorbehaltlos ist das Herz des Buddha: Ich bin vollkommen akzeptiert.

 

In der westlichen Literatur des Buddhismus begegnet man weder dem Begriff der Reue noch den damit verbundenen Gefühlen, und doch ist es in der östlichen Auffassung des Dharma genau diese Dimension des Lebens, die das goldene Tor zu Emanzipation, Erwachen, Glauben und Erlösung darstellt.

In dem Versuch, in meiner eigenen begrenzten Art und Weise den Auftrag zu erfüllen, den mir meine Lehrer, sowohl Zen- als auch Pureland-Lehrer, erteilt haben, war es meine Absicht, zu versuchen, eine Präsentation des Dharma zu entwickeln, die für den Westen geeignet ist und doch dem Geist des Ostens treu bleibt.

Das bedeutet ein Dharma, das für den gewöhnlichen Menschen geeignet ist, der bereit ist, ehrlich zu sein, was den normalen Zustand und die menschliche Natur betrifft, anstatt darauf bedacht zu sein, eine Perfektion vorzutäuschen, die unrealistisch, unerreichbar, selbstverherrlichend und trügerisch ist.

Wenn ich die Beschreibungen vieler Präsentationen des Buddhismus im Westen lese, stehen dort solche Dinge wie "Diese Form des Buddhismus ist für die höchste Klasse der Praktizierenden", oder "Dies ist der direkteste Weg zur Erleuchtung", oder so etwas in der Art. Nun, wie viele von uns gehören zur höchsten Klasse der Praktizierenden? Wenn wir das wären, dann wären wir vor 2500 Jahren, als Shakyamuni auf der Erde war, wiedergeboren worden, hätten seine Lehre gehört und wären sofort erleuchtet gewesen und nicht hier wiedergeboren worden. Daher lautet die Antwort: keiner von uns.

Wir sind fehlerhaft, verwundbar, schnell zu Irrtümern neigend, voller eigenwilliger Leidenschaften, an unheilsamen Objekten festhaltend, eingebunden in unheilsame Lebensweisen, mitschuldig an der ökologischen Zerstörung des Planeten, materialistische Konsumenten. Keine noch so gut klingende Diskussion über die innewohnende Buddha-Natur, innere Weisheit oder ursprüngliche Tugend wird diese Tatsache beseitigen.

Wir leben in einer Art Paradies, das auch ein Ort unaufhörlicher Räuberei ist. Zu Unrecht denken wir gemeinhin, dass allein schon die Betonung unserer schön polierten guten Seite für unsere spirituelle Befreiung ausreicht. Glauben wir, dass die Götter sich so leicht täuschen lassen?

Es ist viel gesünder, realistisch zu sein und bereit zu sein, den ganzen Menschen anzuschauen. Das bedeutet nicht, in Selbstmitleid oder Selbstkasteiung zu schwelgen - dies sind auch Formen des Stolzes. Es bedeutet Nüchternheit in Bezug auf die menschliche Natur, Bescheidenheit in Bezug auf die Rolle, die wir spielen, und Reue in Bezug auf den Einfluss, den unsere Existenz auf jene Welt hat, die uns unterstützt.

Wir tun dies nicht, weil wir ein schreckliches göttliches Gericht fürchten. Wir tun es einfach aus Aufrichtigkeit. Die Buddhas lieben uns ohnehin. Wenn wir uns zutiefst bewusstwerden, dass dies so ist, wird etwas in uns schmelzen, und wir werden einen Teil des Impulses verlieren, uns aufzuspielen. Wenn das geschieht, werden wir feststellen, dass wir unter Freunden sind in einer Welt, in der das Licht immer leuchtet.

Das ist jedenfalls mein Verständnis. Namo Amitabhaya.

Dharmavidya
David

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